Autor: Oliver Gross | Fotos: Oliver Gross
Turnverein Ludweiler e.V. Abteilung Karate Päd-Ka

Es gibt Karate Prüfungen – und es gibt Karate Erlebnisse, die man nie wieder vergisst. Die Gürtelprüfung am 23. Juni 2025 in Ludweiler war zweifellos Letzteres. Veranstaltet von der Abteilung Karate des Turnvereins Ludweiler e.V.. Unter des Prüfungsvorsitzes des B-Prüfers Sebastian Harder (Saarländischer Karate Verband e.V.), wurde sie zu einem bewegenden Erlebnis für alle Beteiligten – Prüfer wie Prüflinge.
Wenn Stille lauter spricht als Applaus
Schon beim Betreten der Halle war spürbar: Hier geht es nicht einfach nur um Techniken, Katas und Gürtel. Hier geht es um Menschen. Um Persönlichkeiten, die mit unglaublicher Ruhe, Ernsthaftigkeit und Hingabe ihre Karatekunst präsentierten. Die Prüfung wurde begleitet von einem starken Prüfergremium, darunter Susanne Schwarz, Oliver Gross (Prüferreferent Saarländischer Karate Verband e.V.), Nino Santamaria sowie Carina Krier als Beisitzerin. Ergänzt wurde das jetzt schon große Aufgebot durch drei gern gesehene Prüfungsgäste: Gottfried Graebner, dem Stilrichtungsreferenten des Saarländischen Karate Verbandes und Mitgründer der Päd-Ka Abteilung für pädagogisches Karate, sowie von René Schwarz (Präsident TV Ludweiler e.V.) und Oreste Lingenfelder (Trainer Karate und Päd-Ka, Geschäftsführer TV Ludweiler e.V.), der die Prüfung durchführte.
Was diese Prüfung so besonders machte? Die Antwort ist einfach – und zugleich tief bewegend: Viele der Prüflinge haben körperliche oder geistige Einschränkungen. Und was sie an diesem Tag zeigten, war Karate in seiner reinsten Form – voller Konzentration, Ausstrahlung und einem Maß an innerer Gelassenheit, das man in dieser Harmonie nur selten erlebt.
Karate ist für alle da – und das hat man gespürt
Zu oft begegnet man im Alltag dem Vorurteil, Menschen mit Handicap könnten “nicht mithalten”. Diese Prüfung hat auf eindrucksvolle Weise das Gegenteil bewiesen. Wer dort dabei war, hat Karate nicht nur gesehen – er hat es gefühlt. Jeder Tritt, jeder Block, jede Kata war auf das Wesentliche reduziert: die Verbindung zwischen Technik und Seele. Es war, als hätte das Dojo selbst kurz den Atem angehalten, um diesem Moment den Respekt zu zollen, den er verdient.
Ein persönliches Highlight: Tekki Jodan in einer neuen Dimension
Besonders in Erinnerung bleibt mir die Prüfungskata eines Braungurtanwärters, der die Kata Tekki Jodan (meine Lieblingskata) präsentierte – und zwar auf eine Weise, die mich sprachlos machte und mich für 90 Sekunden einfach nur genießen ließ.
Wer die Tekki kennt, weiß: Sie wird nur allzu oft sehr kantig, kraftvoll und selten mit innerer Ruhe praktiziert. Und doch wurde sie hier mit einer Leichtigkeit und fließenden Harmonie gezeigt, wie sie selbst erfahrene Karateka selten zeigen (können). Kraft war da, keine Frage – aber sie war eingebettet in eine natürliche Eleganz, die Gänsehaut verursachte. Und das von einem Menschen, dessen 100 Prozent körperlich eingeschränkt sind – und der dennoch 150 Prozent gab.
Karate kennt keine Grenzen
Diese Prüfung war mehr als nur ein nächster Gürtel. Sie war ein Statement: Karate ist für jeden da – unabhängig von körperlichen Voraussetzungen, geistigen Einschränkungen oder Lebenssituation. Jeder kann sich im Karate ausdrücken, wachsen, aufblühen. Und genau das ist die wahre Kraft dieser Kampfkunst: Sie fördert nicht nur Körper und Geist, sondern vor allem die Seele.

Und dann… die verdienten Urkunden – und ein paar Freudentränen
Nach der letzten Kata folgte der wohl schönste Moment: die Verkündung der Ergebnisse. Unter der Leitung von Sebastian Harder durften die Prüfer mit Stolz verkünden: Alle haben bestanden. Die Freude war riesig. Präsident René Schwarz überreichte persönlich die Urkunden, begleitet von warmen Worten und aufrichtigem Applaus. Auch Oreste Lingenfelder und Gottfried Graebner ließen es sich nicht nehmen, jedem einzelnen zu gratulieren – mit Handschlag, Lächeln und ehrlichem Respekt. Und ja: Da glänzte auch mal ein Tränchen im Augenwinkel. Kein Wunder. So viel Herz, Mut und Leidenschaft verdient Emotion.

Fazit: Ein Tag, der bleibt
Diese Prüfung war mehr als ein Event im Vereinskalender. Sie war ein Geschenk. An uns Prüfer, an die Zuschauer – und vor allem an die Karateka, die mit dieser Leistung nicht nur ihren nächsten Gürtel verdient haben, sondern auch unseren allergrößten Respekt.
Denn sie haben gezeigt: Karate ist kein Privileg. Karate ist eine Möglichkeit. Für alle.

Ich persönlich habe mich sehr darüber gefreut, bei dieser Prüfung als Prüfer dabei sein zu dürfen – inmitten eines tollen Teams, in guter Gesellschaft erfahrener Kolleginnen und Kollegen, mit denen mich zum Teil viele Jahre verbinden. Solche Momente sind es, die einem zeigen, warum man das alles macht. Warum man trainiert, unterrichtet, begleitet. Ich freue mich auch schon sehr darauf, bald mal wieder beim Päd-Ka Training mit zu trainieren – gemeinsam zu schwitzen, zu lachen, zu lernen.
Eines ist sicher: Es ist einfach etwas ganz Besonderes, Menschen über Jahre hinweg auf ihrem Weg begleiten zu dürfen und sie dann in einer Prüfung mit dem, was sie dort leisten – mit dem, was sie selbst erarbeitet haben – so stark und stolz zu erleben. Wenn sie da stehen, mit ihrer neuen Gradierung, ihrem wohlverdienten Gürtel, dann ist das nicht nur ein Stück Stoff um die Hüfte. Es ist ihr Werk. Ganz allein. Und das verdient mehr als nur Applaus – das verdient unseren aufrichtigen Respekt.
